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ITK-Firmen: Vertrauen komplett verspielt!

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octopus_small_reutersVor zwölf Jahren schrieb Bill Gates eine E-Mail an alle Microsoft-Mitarbeiter, in der er forderte, dass alle Microsoft-Produkte das volle Vertrauen der Anwender genießen müssen, wenn sie weiterhin zum Einsatz kommen sollen. “Trustworthy Computing” nannte er das. Er forderte jeden Mitarbeiter auf, Trustworthy Computing zu seiner höchsten Priorität zu machen. Doch Microsoft und die gesamte ITK-Branche sind heute weit weg von diesen Zielen.

Am besten lässt sich gegenwärtige die Situation mit “totally untrustworthy” beschreiben. Dazu nochmal ein Zitat aus der E-Mail von Bill Gates: “Die Nutzer müssen kontrollieren können, was mit ihren Daten geschieht. Die Nutzer müssen angeben können, was mit ihren E-Mails geschieht und die zugehörigen Nutzungsbedingungen müssen einfach und verständlich sein.” – Schön wär’s, wenn es das endlich geben würde. Dabei mache ich den Vorwurf nicht nur Microsoft.

Obwohl deren jüngste Bemühungen, sich von den Aktionen der NSA zu distanzieren, mehr Misstrauen als Vertrauen geschaffen haben. Kein US-Unternehmen kann sich bei der gegenwärtigen Rechtslage den Datenzugriffen der NSA entziehen. US-Justiziare, die das Gegenteil behaupten oder den Anschein gegenteiliger Firmen-Positionen erwecken wollen, schaffen deshalb eher Misstrauen als Vertrauen. Schließlich musste Amazon einstmals die Wikileaks-Daten herausrücken, obwohl diese in Irland gespeichert waren. Der Hinweis, dass Irland nicht in den USA liegt, hatte für das US-Gericht keine Bedeutung.

Misstrauen ist der Normalfall
Doch das Verhältnis der amerikanischen IT-Sprecher zur NSA ist nur die eine Komponente des allgemeinen Vertrauensschwundes. An der Kunden-Reaktion auf neue Produktfeatures zeigt sich inzwischen, wie groß das Misstrauen der Öffentlichkeit selbst gegenüber seriösen Unternehmen angestiegen ist. Als Apple das iPhone 5S mit dem Fingerabdruck-Sensor auf den Markt brachte, war die Reaktion nicht: “Oh toll, das erspart das lästige Eintippen der Passwörter.” Meistens hieß es stattdessen: “Oh weh, jetzt kann Apple auch noch meine Fingerabdrücke an die NSA weiterleiten.” Auch Apples Versicherung, dass diese Daten sicher und verschlüsselt abgelegt sind, hilft da wenig, denn die NSA hat genügend Druckmittel, um die Keys von Apple zu bekommen.

Nicht nur die NSA sammelt Daten
Dieses Misstrauen der Nutzer ist aber nicht nur eine Folge der NSA-Schnüffelei, sondern weitaus mehr die Reaktion auf die massive Datenspionage durch die IT- und TK-Firmen. Da wurden die Adressdateien auf Smartphones ausspioniert, da wurden Ortsdaten an die Server von Providern verschickt (auch wenn der Nutzer das ausdrücklich verboten hatte), da gibt es Startups, deren Geschäftsmodell einzig darauf basiert, Datenschnüffelei zu betreiben und diese Daten zu verkaufen, da kassierte man zehn Millionen Dollar, damit die NSA eine Hintertür zu den IT-Systemen bekommt, und dann gibt es da noch Google, deren Beschwichtigungen über das Einhalten von allen Datenschutz-Auflagen nur noch peinlich wirken.

Doch damit nicht genug. Nachdem die US-Buchhandeldskette Barnes & Noble in den Produkttests ihres neuen Nook-Readers immer wieder lesen musste, dass das Gerät zu schwer sei, änderte man – nein, nein, nicht das Gewicht – sondern ganz einfach die Angaben in den technischen Daten!

Ganz weit weg vom Trustworthy Computing
Das alles ist nur eine kleine Auswahl an negativen Beispielen. Eine vollständige Liste aller bekannten Vertrauensverstöße würde das zumutbare Volumen eines Blogs bei weitem übersteigen. Und selbst dann, wäre das nur die Spitze des Eisbergs. Zwölf Jahre nach dem eindringlichen Appell von Bill Gates ist die ITK-Branche nicht näher am Trustworthy Computing – sondern weiter weg davon, als je zuvor.

(Foto vom Oktopus: Reuters)


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